Es sei nicht richtig, dass der Stadtrat seit drei Jahren darüber diskutiere, die Burg einer ausschließlich musealen Nutzung zuzuführen. Das Thema sei nach Auffassung der SPD nur zweimal im Stadtrat erörtert worden. Am 15. März 2021 sei ein grobes Nutzungskonzept skizziert worden, das z. B. eine museale Nutzung auf der Mindelburg sowie die Verlagerung des Weihnachtsmarktes auf die Burg vorsah. Der Stadtrat habe diesen „Konzeptentwurf“ zur Kenntnis genommen und die Verwaltung beauftragt, diesen Entwurf zu konkretisieren. Das zweite und letzte mal sei das Thema am Montag, 30.09.2024 im Stadtrat erörtert worden. „Dort wurde ein konkreteres Konzept vorgelegt, allerdings direkt verbunden mit einer Abstimmung im Stadtrat, welche aus unserer Sicht eine Vorfestlegung auf eine ausschließlich museale Nutzung der Mindelburg bedeuten könnte.
Dieses Vorgehen sehen wir kritisch – nicht nur im Hinblick auf die Finanzierbarkeit eines solchen Projektes – auch im Hinblick auf die mangelnde Bürgerbeteiligung und die Folgekosten, welche künftige städtische Haushalte stark belasten und den Spielraum für dringende Investitionen im Sinne der Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt einengen würden“ findet zweiter Bürgermeister Roland Ahne.
Die SPD-Stadtratsfraktion fordere daher von Bürgermeister Dr. Winter, dass ein offener Bürgerbeteiligungsprozess parallel zur beschlossenen Machbarkeitsstudie stattfinde, bei dem auch das örtliche Gewerbe und der Handel in der Innenstadt einbezogen werde. Zeitlich solle der Bürgerbeteiligungsprozess so abgestimmt sein, dass die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung und der Machbarkeitsstudie zeitgleich vorliegen – also in etwa im Frühling 2025. Dies ermögliche es, aus beiden Meinungsbildungsprozessen die besten Vorschläge herauszufiltern und miteinander zu verknüpfen.
„Der SPD ist wichtig, dass die Burganlage den Bürgerinnen und Bürgern dauerhaft offensteht und eine vielfältige Nutzung ihrer Burg durch die Mindelheimerinnen und Mindelheimer ermöglicht wird. Klar ist für uns aber auch, dass eine Dauerausstellung zur Geschichte der Mindelburg auf dem Burgareal Platz finden muss“, so Stadtrat Michael Helfert. Dies sei nicht nur für die Mindelheimerinnen und Mindelheimer interessant, sondern auch für Gäste.
Beim Bürgerbeteiligungsprozess sieht die SPD vor allem folgende Fragestellungen im Fokus:
• Mehrzwecknutzung der Mindelburg: Anstatt die Burg auf ein festes Museumskonzept zu beschränken, könnte die Mindelburg als multifunktionaler Raum genutzt werden. Ein flexibles Nutzungskonzept erlaubt es, die Räumlichkeiten für verschiedene Veranstaltungen wie Konferenzen, kulturelle Events, Konzerte, Theater, Ausstellungen, Filmabende oder Workshops zu nutzen, was ein deutlich breiteres Publikum ansprechen würde. Ein reines Museum würde das Potenzial der Burg in ihrer Gesamtheit einschränken.
• Bereits bestehende Museen in der Region: Hat die Region bereits eine ausreichende Anzahl an Museen, so dass ein weiteres Museum in Mindelheim keinen signifikanten Mehrwert bringt? Könnte die Burg als Ergänzung zu den bestehenden kulturellen Angeboten genutzt werden, die mehr auf Interaktion und Gemeinschaft basieren? Ohne eine detaillierte Marktanalyse besteht das Risiko, dass das Museum nicht genug Besucher anzieht, um die hohen Investitionskosten zu rechtfertigen.
• Bürgerbeteiligung und lokale Prioritäten: Es könnte sich herausstellen, dass die Einwohner andere Prioritäten haben, wie z. B. Investitionen in Infrastruktur, Schulen, Kindergärten oder soziale Projekte. Der Beschluss zum Museum könnte als „Von-oben-herab“-Entscheidung wahrgenommen werden, die nicht den Bedürfnissen der breiten Bevölkerung entspricht.
• Herstellungskosten und laufende Kosten: Es besteht die konkrete Gefahr, dass die tatsächlichen Kosten viel höher ausfallen als die im Stadtrat genannten 15 Mio. Euro. Diese Unsicherheiten könnten zu einer kontinuierlichen Belastung des städtischen Haushalts führen, was andere wichtige Projekte gefährden könnte. Neben den Baukosten müssen auch die laufenden Kosten, wie Personal, Instandhaltung und Marketing, bedacht werden. Diese könnten das Budget der Stadt langfristig stark belasten und die finanzielle Lage der Stadt weiter verschlechtern.
• Kombination von wirtschaftlichen und kulturellen Konzepten: Wäre es wirtschaftlich sinnvoller, die Mindelburg in ein Konzept zu integrieren, das nicht nur kulturellen, sondern auch wirtschaftlichen Nutzen bringt. Neben einer Dauerausstellung zur Geschichte der Burg könnten Event- und Tagungsmöglichkeiten oder eine Kombination aus Gastronomie, Veranstaltungsort und Bildungsstätte Einnahmen generieren. Ein reines Museum, ist vermutlich dauerhaft auf Subventionen durch die Stadtkasse angewiesen.
• Kooperation mit der Privatwirtschaft: Durch Kooperationen mit der Privatwirtschaft könnten innovative Konzepte entwickelt werden, die nicht nur kulturell, sondern auch wirtschaftlich nachhaltig sind. Eine Beteiligung privater Investoren könnte dazu beitragen, die finanzielle Last von der Stadt zu nehmen, ohne dass die Stadt das Heft des Handelns aus der Hand gibt.
• Gärten und Naturerlebnisse: Rund um die Burg könnten Gärten und Naturpfade angelegt werden, die die einheimische Flora und Fauna präsentieren und den Besuchern Wissen über ökologische Zusammenhänge vermitteln. Dies könnte eine sinnvolle Ergänzung des Bildungsraumes Tiergarten, des Naturlehrgartens und des Bienenlehrpfades sein und die Attraktivität des Erlebnisraumes Mindelburg nachhaltig stärken.
• Tagungs- und Konferenzräume: Die Burg könnte als Tagungsort für Firmen, Vereine und Institutionen genutzt werden. Historische Räume könnten so ausgestattet werden, dass Seminare, Konferenzen und Meetings in einer außergewöhnlichen Umgebung stattfinden können.
• Veranstaltungsort: Die Burg könnte sich als ein wunderbarer Rahmen für Hochzeiten, Familienfeiern und andere private oder geschäftliche Veranstaltungen positionieren. Die historische Atmosphäre der Burg würde einen einzigartigen Raum für solche Veranstaltungen bieten.
Nach Abschluss der Machbarkeitsstudie und des Bürgerbeteiligungsprozesses solle der Stadtrat die sich ergebenden Möglichkeiten prüfen und eine ausführliche Diskussion über die langfristige Zukunft der Mindelburg im Interesse der gesamten Stadt Mindelheim führen. Man rege dazu bereits heute eine Klausurtagung an, so die Idee der SPDStadtratsfraktion. Die SPD-Stadtratsfraktion wünsche sich ein Gesamtkonzept für das gesamte Burgareal unter Berücksichtigung der vorhandenen Gastronomie und der derzeit von Mietern genutzten Räumlichkeiten, um ein langfristiges Nutzungskonzept zu entwickeln. Dabei rege man an, auch über die Möglichkeit einer Jugendherberge auf dem Burgareal nachzudenken.
Als positives Beispiel für eine offene und bürgerfreundliche Nutzung einer Burganlage weisen die SPD-Räte auf die Burg Falkenberg hin. Für das multifunktional genutzte Burgareal gab es Zuschüsse vom Landkreis, dem Bezirk, dem Freistaat Bayern, der Landesstiftung, der Stiftung Denkmalschutz, der Europäischen Union, Leader+, verschiedener Kulturstiftungen, z. B. örtlicher Banken und Sparkassen, so die Stadträte der SPD. Dies bedeute, dass eine Co-Finanzierung der Burg auch bei einer „offenen, vielfältigen und bürgerfreundlichen Nutzung“ gewährleistet werden könne und nicht von einer ausschließlich musealen Nutzung abhänge.
Ausdrücklich begrüße die SPD den Vorschlag des CSU-Fraktionsvorsitzenden Christoph Walter, sich um die Gründung eines „Fördervereines Mindelburg“ zu bemühen. Dieser könne neben finanzieller Unterstützung vor allem auch die Entwicklung der Burg zu einem lebendigen Begegnungsort für alle Mindelheimerinnen und Mindelheimer ehrenamtlich begleiten und fördern.
Mehmet Yesil
Für die SPD Stadtratsfraktion Mindelheim